Fränkischer Tag Montag 28. Februar 2005:

Blicke nicht nur aufs Maul, sondern auch in die Seele
Der Autor Robert Dennerlein liest auf Einladung des Arbeitskreises für Geschichte und Brauchtumspflege


WEISENDORF. Zu einem echten Heimspiel wurde der Freitagabend im Saal des Gasthauses "Goldener Engel" für den Lyriker und Mundartdichter Robert Dennerlein sowie den Musiker und Gitarristen Thomas (Wulli) Wullschläger. Der Veranstalter, der Arbeitskreis für Geschichte und Brauchtumspflege Weisendorf und die beiden Künstler konnten sich über einen proppenvollen Saal freuen.

In seinen Werken gibt Robert Dennerlein seinen Lesern oder Hörern nicht ausschließlich in fränkischer Mundart Lebenseinsichten und Weisheiten zur Kenntnis. Der leidenschaftliche Franke schaut dabei nicht nur seinen Mitfranken und Mitmenschen aufs Maul, wie sonst so manch einer, der auf das "Mundartliche" aufspringt, sondern auch sehr genau in die Seele der Zeitgenossen. Seine Szenen, ob in Reimform oder als Kurzerzählung festgehalten, bringen immer zutiefst Menschliches an die Oberfläche.
Dabei stellt sich der Autor auch den Problemen der Gegenwart, der zunehmenden Vereinsamung der Menschen oder ihrer Probleme, sei es in der Arbeitswelt oder den veränderten sozialen Bedingungen in Stadt und Land. So kommt oft sehr Nachdenkliches zum Vorschein. Nicht umsonst hat der Autor seinem jüngsten gedruckten Werk auch den Titel "Raus hodds gwollt" gegeben, mit dem Untertitel "Gschichdla zum Nachdenken odder a ned." Dabei kann es dem Zuhörer während der Lesung Dennerleins immer öfter passieren, dass er sich selbst mit dessen Geschichten identifiziert.

Bekanntes Verhalten

Wem ist es denn nicht etwa schon einmal so gegangen wie in der Geschichte mit dem Titel "Konsequenz ": "Geh amol hie, des Delefon schellt, wenn er dro is, sogtst na, er soll heid ned kumma, weilin nimmer segn kou. Des sagst na scho schee selber! No ja, auf an Sprung soller hald dann doch no kumma."
Auch zur Thematik der allgemeinen Politikverdrossenheit und zum gläsernen Menschen hat Dennerlein seine Geschichte in fränkischer Mundart parat. "An jeden Dieb a blaue Rundumleuchten aufn Kupf nauf. An jeden Räuber a gelba. An jeden Verkehrssünder a weißa. An jeden Bolidiker, der scho amol glogn hodd und dazu Steuern vedebberd hodd a rota naufbunden. Villeichd sech i deshalb in letzter Zeid immer öfters bloß nu rot."
Zur Veränderung der Dorfkultur hat Dennerlein eine bemerkenswerte Kurzgeschichte geschrieben. Sie handelt von Alfons, der seine Stammkneipe "Zum Schwan" nach dessen langer Renovierungszeit endlich wieder besuchen kann und dort dann leibhaftig erfährt, was ein Kulturschock ist. Denn anstelle seiner geliebten Dorfkneipe mit dem Stammtisch ist nunmehr ein Feinschmeckerlokal entstanden, das entsprechend "gehobene Manieren" und auch den dicken Geldbeutel erfordert. Er merkt sogleich, dass er dort kaum mehr als Gast willkommen ist und macht sich unendlich müde und nachdenklich auf den Weg nach Hause, wo ihn wenigsten noch eine Flasche Helles und eine Dose Göttinger erwarten. Mit einem schelmischen Augenzwinkern betrachtet der Dichter auch die Franken und ihre große Leidenschaft, den Nermbercher Club. So ausgedrückt in seinem Werk "Club 7": "Etz her halt endli mit dem Rumgejammer auf, glaabst es naaa... Hast denn des ned gmerkt, des war doch heid bloß a taktische Niederlage geche die Bayern, damit der Hoeneß abglenkt is und ned glei wieder unsere besten Spieler kaafn tut. Mit dem 0:3 hammerse heid amool schee reiglechd."

Philosophische Gedanken

Aber auch zur politischen Problematik des Rechtsradikalismus nimmt der Dichter entschieden Stellung und muntert seinen Mitmenschen mit dem Werk "zammsteh und dagegen oongeh" auf, den neuen Rechtsradikalismus zu bekämpfen. Echt philosophische Anmerkungen werden in vielen seine Geschichten deutlich. So zum Beispiel in "Hoffnungen". "Die Annern, die Knotzerdn, Eckerdn, Unrundn, Querdenker, Grodnaussocher, Nedschee-Schauer, a die Querulanten, Aus-der-Art-Gschlogna, aIIe die so anners sin, die kenna wos bewegen, was oschieben, was tu. Um denna werdse gstritten, grieben, aufgrechd Wecher denna wird aa hi und do wos anners."
Zwischen den Lesungen des Dichters Dennerlein untermalte WuIli Wullschläger mit zarten Bluesklängen auf seiner Gitarre den Vortrag. Aber auch mit seinen berühmten Soli, so zum Beispiel dem Stößel Song "auf Nemberch nei" begeisterte der Musiker das Publikum. Ein lyrisch vergnüglich philosophischer Abend wurde den Weisendorfern mit den beiden Künstlern beschert.
(hbe)


Nürnberger Nachrichten vom 24. November 2005:

Wenn der Dichter im Zettelkasten wühlt


findet sich Stoff für ein neues Buch: Robert Dennerlein hat sein drittes herausgebracht

WEISENDORF - Zehn Jahre nach seinem ersten Buch "raus hodds gwolld — Geschichten zum Nachdenken odder a ned" und acht Jahre nach dem zweiten Werk "aushaldn - maulhaldn — durchhaldn... - ...obber ned raushaldn" legt der Weisendorfer Mundartpoet Robert Dennerlein sein drittes Buch vor. "solcha und solcha" heißt es und enthält, wie die beiden Vorgänger, Geschichten aus dem Leben von "Menschen wie du und ich".
Dennerleins Kunst ist es, den Menschen in seiner Umgebung auf das Maul zu schauen und diese Dialoge festzuhalten. Menschliches und allzu Menschliches kommt dabei ebenso zu Tage wie Skurriles. Dennerlein schafft es, die Gespräche, als seine Geschichten, die ja eigentlich Geschichten Anderer sind, auf den Punkt zu bringen. Dennerlein selbst hat von der Kunst seine eigene Sicht der Dinge.
Mehr Seiten
Wenn "Geiz ist geil" derzeit das Motto für Einkaufsverhalten ist, so ist es bei dem Weisendorfer eher umgekehrt. Das neue Buch hat mehr Seiten und die Geschichten sind länger, aber nicht weniger aussagekräftig und mit hohem Niveau. Dennoch gibt es Beispiele, in denen Dennerlein bei den Vierzeilern bleibt. Ein Beispiel aus den Fränkischen Zwischentönen: "Servus, wie geht's der denn so?! Na ja, du wasd scho! Ach tu de doch ned oh, bei mir is doch a ned anners."
"Kunst ist alles — ein ganz weiter Begriff. Kunst ist für mich zum Beispiel auch Kinderkunst, wenn ich Kinderbilder anschaue. Oder ein großer Kunstbegriff ist für mich Musik oder Architektur. Kunst ist im weitesten Sinne alles was Menschen kreativ machen", so der Autor.
So ist es kein Wunder, dass der Franke Dennerlein, "Nachts um elfa" ein Stück des Wieners Günter Brödl, interpretiert vom Ostbahn-Kurti, aufgreift. Ein anderes Beispiel ist ursprünglich von den Kölner Mundartrockern BAP. Der Titel "vum dunnerde Läävn" in seinen eigenen Dialekt übertragen lautet "Nu wos kumma". Ganz neue Nuancen kommen so in die Werke.
Genreübergreifend greift Thomas "Wulli" Wullschläger, noch ein Franke; bei den Lesungen Dennerleins schon mal zur Gitarre und unterlegt das Gelesene mit sanften Tönen. Dennerlein und Wullschläger sind zurzeit im Tonstudio, um eine CD mit des Schriftstellers Texten und des Musikers Stücken aufzunehmen.
Am Samstag, 3. Dezember, ab 16 Uhr liest Robert Dennerlein einige Texte aus seinen drei