Dialekt-Duo beschwört Geist der Siebziger:

04.02.2006

Höchstadt

Mehr als ein Hauch der seligen Siebziger wehte durch das Obergeschoss der "Bücherstube" am Donnerstagabend. Denn wenn Robert "Robby" Dennerlein (50) auf Thomas "Wulli" Wullschläger (45) als mundartig-musikalisches Duo auftreten, wird der Geist jener Jahre beschworen, als es noch linke Kneipen gab und Musik aus dem Schallloch der Gitarre kam und nicht aus dem Computer, als Aufbruchstimmung herrschte allerorten.
So auch in der Mundartlyrik, die sich seinerzeit aus dem Bann heimattümelnder Verrschnarchtheit löste und einen neuen, frischen Ton anschlug, epigrammatische Lakonismen formulierte, wie sie gerade dem Dialekt eignen, unprätentiöse Alltagsbeobachtungen niederschrieb, ohne die Figuren zu denunzieren.
Vielleicht beeinflussten die Songs aus Rock und Blues auch die neuen Heimatpoeten. Diesen Verdacht hat man des Öfteren bei Dennerleein, der als ein Nachkömmling der ersten "neuen" Mundartgeneration seit 1994 meist auf Mittelfränkisch textet. Da wird in einer Prosa-Miniatur liebevoll das Interieur einer fränkischen Wirtschaft geschildert samt "Club"-Foto von 1968, da belauscht der Autor im "Fränkischen Zwischenton 8" "des Leid mitn Obaggern" oder liest ein Dramolett exemplarischer Fehlkommunikation: " Solang mer miteinander red".
Es redet auch Wulli Wullschläger, Erlangeer Musikkneipen-Impresario und versierter Gitarrist. Ob er seinem Kumpel Robby als Dialogpartner dient oder musikalische Arabesken um dessen Verse schlingt - er ist ein kongenialer Partner des Dialekt-Autors. Auch hier die 70er: Wie wir alle seinerzeit probierte er "House of the rising Sun" auf der Klampfe und scheiterte am leidigen F-Dur-Akkord. Das hat sich geändert. Wieselflink improvisiert er seinen Folksblues à la Lämmerhirt oder Renbourn, liebt und intoniert Günter Stössel. Wenn dann noch Biermanns bzw. BAPs "Das kann doch nicht alles gewesen sein" auf Fränkisch kommt, kommt eine Zugabe an einen erfreulichen Abend für die Zuhörer. Deren Augen sich auch erfreuen konnten an den Bildern von Petra Dürrbeck.
(Rudolf Görtler)

"Etz do de hald ned o": Mundartdichter Robby Dennerlein (l.) und Gitarrist Wulli Wullschläger
sind so unprätentiös wie ein Seidla fränkisches Bier


Nürnberger Nachrichten 06.02.2006

Geschichtn und Gschmarri mit jeder Menge Groove

Mundartdichter Robert Dennerlein und Musiker Wulli Wullschläger präsentieren ihre CD "Etz do de hald ned o"

Das Schicksal eines Nürnberger Tankstellenbesitzers, ein Gespräch unter alteingesessenen Weisendorfer über den neuen Nachbarn, ein Gosthofer Wirtshaus oder die Radlerstadt Erlangen: Mundartdichter Robert Dennerlein und Musiker Wulli Wullschläger beleuchten ihre fränkische Heimat aus vielen verschiedenen Perspektiven. Am Donnerstagabend stellten die beiden fränkischen Originale in unterhaltsamen anderthalb Stunden ihre erste gemeinsame CD vor.

HÖCHSTADT - Seine Texte ohne musikalische Begleitung vorzulesen - das kann sich Robert Dennerlein gar nicht vorstellen. "Ich brauch­ da einfach die Musik, das inspiriert mich", erklärt der Weisendorfer Mundartdichter.
Seine fränkischen Verse und die Gitarrenklänge gehen auch bei der Lesung in der Höchstadter "Bücherstube" nahtlos ineinander über, ergänzen und bereichern sich gegenseitig. Es ist die erste kulturelle Veranstaltung im Obergeschoss der Buchhandlung. Kerzenlicht schimmert an der Wand, die rund 25 Besucher lauschen in Korbsesseln den fränkischen Geschichten.
Gschmarri mit Groove könnte man die musikalische Lesung betiteln, doch damit wäre nur die halbe Wahrheit gesagt. Denn neben den vielen witzigen Begebenheiten, die Dennerlein und Wullschläger irgendwo aufgeschnappt haben und unkommentiert weitergeben, werden auch nachdenkliche Töne angestimmt.
Da ist zum Beispiel das Schicksal eines Nürnbergers, Tankstellenbesitzer in der Regensburger Straße, das Dennerlein eindrucksvoll schilder. "Sei Leben is sei Kassnhäusla bliebn." Oder da sind Gedanken über Einsamkeit und Freiheit. "Do sollerd doch nu wos kumma", schließt der Mundartdichter das gleichnamige Stück aus seinem neuesten, dritten Buch "Solcha und solcha".
Der fränkischen Wesensart kommt Dennerlein auch gut in seinen kurzen und prägnanten "Fränkischen Zwischentönen" auf die Spur, wobei er kein Blatt vor den Mund nimmt. Die zufällige Begegnung mit einem "Dampfplauderer, Gimbl und Bledz" mündet in eine Heuchelei: "Servus, grod hobbe a dich denkd und zu meiner Fraa gsochd, schee wärs, wenn wir uns a widder amol secherden."
Im Dialog mit Wulli, alias Thomas Wullschläger, kommt der Irrwitz typischen Alltagsgewaafs besonders gut zum Ausdruck. Für seine lustigen - zum Teil mit Texten von Günter Stössl - über den Tüv oder die Erlanger Verkehrsführung erntet der Gittarist viel Gelächter und spontanen Applaus.
Das kurzweilige Gwerch der beiden Urfranken gefällt dem Publikum, auch die beiden Gastgeberinnen sind zufrieden. "Wir wollten das einfach mal ausprobieren und haben improvisiert", sagt Sabine Schatz-Wöllner, die gemeinsam mit Elke Reitmayer seit einem Jahr die Bücherstube betreibt. Nach der gelungenen Premiere können sich die beiden gut vorstellen, weitere Lesungen zu veranstalten. Auch als Ausstellungsraum bewährte sich das Obergeschoss; denn die Wände schmückten Malereien der Höchstadterin Petra Dürrbeck.
Mit ihrem CD-Programm "Etz do de hald ned o!" treten Robby Dennerlein und Wulli Wullschläger übrigens auch bei "Kultur grenzenlos" in Herzogenaurach und der "Blauen Nacht" in Nürnberg auf.
ANDREA RUDOLPH

Sie entlarven den Irrwitz des typischen Alltagsgewaafs:
Robert Dennerlein (links) und Wulli Wullschläger.


Nürnberger Nachrichten 16.05.2006

Ein gutes Team: Mundartautor Robert Dennerlein (links) und der Barde Thomas "Wulli“ Wullschläger.

Foto: Welker

Gschmarri ... mit Niveau

Amüsanter Abend mit Robert Dennerlein und Thomas "WuIIi" Wullschläger

HERZOGENAURACH (jw)

- Vieles zum Lachen, aber auch vieles zum Nachdenken gab es, als Rohen Dennerlein und Thomas Wullschläger - besser bekannt als "Wulli" - in der Scheune der Bäckerei Lang aus ihrem Programm vortrugen. Der vhs-Arbeitskreis "Kultur Grenzenlos" hatte die beiden fränkischen Mundartkünstler eingeladen. Von Anfang an merkte das Publikum, dass es sich bei dem Mundartautor Dennerlein und dem modernen Barden "Wulli" um zwei sehr amüsante Persönlichkeiten handelt. Denn bereits in der ersten Anekdote nahmen sie sich selbst auf die sprichwörtliche Schippe: "Des werd scho so a Gschmarri wern, heid Abnd mit denna zwaa."
Allerdings hatte der Abend nicht nur lustige Aspekte, sondern durchaus auch ernste. Der gebürtige Nürnberger und Wahl-Weisendorfer Robert Dennerlein philosophierte beispielsweise über das Leben und meinte, "da solled doch wirkli no was kumma". Zu diesen zwei Seiten passte auch das Motto des Abends "Solcha und Solcha" — übrigens auch der Titel von Dennerleins neuestem Buch.

Aus dem Leben der Franken

Dieses Thema bezog sich aber nicht zur auf das Programm, sondern auch auf die Personen und Situationen, die in den vorgetragenen Geschichten vorkamen. Alle miteinander waren sie aus dem Leben der Franken gegriffen und erinnerten den Zuhörer an ähnliche schöne und traurige Begebenheiten. Dass sich die Anwesenden mit dem Inhalt der Texte identifizieren konnten, war sicher ein Grund dafür dass so viel geschmunzelt wurde. So berichtete Dennerlein zum Beispiel davon, dass er seinen Sohn schon von klein auf zum Clubfan erzogen habe, und zwar damit er "Demut übt". Fußball war an diesem Abend ohnehin eines der Lieblingsthemen. Manchmal sinnierte Dennerlein alleine über die schönste Nebensache der Welt, manchmal auch im Zwiegespräch mit Wulli Wullschläger in den stereotypen Rollen als Mann und Frau.
Sehr amüsant waren auch die Spottlieder, die Wulli auf seiner Gitarre vortrug. So übersetzte er "The House of The Rising Sun" ins Fränkische und machte daraus das "Seehaus of The Rising Sun" mitten in Nürnberg mit dem Stall "Gostenhuf". Einen noch lokaleren Bezug stellte Wulli her, als er sang: "Olles schnaufd und trampeld auf Erlang nei“ und damit auf das Fahrrad- und Autofahrerproblem in seiner Heimatstadt anspielte. Seine pfiffige Lösung lautete, bestimmte Personengruppen über die umliegenden Dörfer und Städte umzuleiten. Warum nicht einfach die Adeligen über Gräfenberg und Herzogenaurach schicken, die Oberschlauen über Weisendorf, die Preußen über den "Franken-schnell-weg" oder die ganze Verkehrsplanung über das Bezirkskrankenhaus? Sehr sentimental zeigte sich Wulli dagegen, wenn er Robert Dennerlein bei seinen Vorlesungen mit Hintergrundmusik unterstützte oder das selbst komponierte "Licht am Horizont“ spielte.
Die Zuschauer in der fast überfüllten Scheune jedenfalls waren begeistert. Sie klatschten bei den Liedern eifrig mit und forderten nach dem zweistündigen Programm sogar noch eine Zugabe. Die Veranstalter von "Kultur Grenzenlos" haben mit ihrer Wahl also wieder einmal ein gutes Händchen bewiesen.


Fränkischer Tag 27.10.2006

Wechselbad der Emotionen

MUNDART Robert Dennerlein und Wulli Wullschläger kennen ihre Heimatsprache sehr genau. Anders ist der Erfolg bei Franken und gleichermaßen Nicht-Franken wohl nicht zu erklären.

VON STEFAN REINMANN
Großenseebach
— "Ganz schö g‘mausert hot sich der Großenseebacher Herbst", erklärte Robert Dennerlein am Mittwoch in der Gemeindebücherei Großenseebach. Aus diesem Grund forderte der Mundartliterat bei seinem poetisch-musischen Auftritt zusammen mit Wulli Wullschläger von den 75 anwesenden Zuhörern auch gleich einen Kulturpreis. Da ein solcher Preis für den Großenseebacher Herbst leider noch nicht existiert, mussten sich die beiden Dialekt-Regionalstars ganz ohne Starallüren nach ihrem über zwei Stunden langen Auftritt auch "nur" mit dem Abschlussapplaus des Publikums zufrieden geben. Zwischenapplaus nach den einzelnen stets auf Fränkisch vorgetragenen Werken mit Gitarrenuntermalung gab es vor allem im zweiten Teil der Veranstaltung nur zögerlich von den Gästen. Grund dafür war nicht etwa Langeweile oder Unfähigkeit der beiden Künstler, ihre Werke mitreißend vorzutragen. Im Gegenteil. Die Themen, die von fränkischen Kabarettisten eher selten zu hören sind, zeigten hier ihre nachdenkliche Wirkung. Nach vielen rezitierten Stücken blieben auch nach den letzten Gitarrenklängen von Wullschläger zuerst sinnierende bis hin zu melancholischen Gedanken schwer im Raum hängen, bevor der erste Gast den Mut hatte, mit dem Klatschen zu beginnen.
Themen wie Einsamkeit, Arbeitslosigkeit, Lebenssinn oder Prostitution sorgten allerdings umso mehr für Konzentration und Aufmerksamkeit in den Köpfen zwischen den Bücherregalen. Schließlich hört man nicht alle Tage fränkisch-sentimental, wie eine Prostituierte im Personalraum "Mittagspause" mit einer kalten Pizza und Lambrusco macht, um gleich wieder zwei Herren bedienen zu dürfen, die seriös im Geschäft und pervers im Bett sind. Oder die Geschichte vom mittlerweile apathischen Kfz-Meister, der erst seinen Sohn durch einen Autounfall und dann seine Frau wegen Alkoholsucht verloren hat. Doch Weltuntergangsstimmung herrschte bei dem gut eingespielten Duo bei weitem nicht. Dafür sorgten alleine die Fußballwitze über den Traditionsverein 1.FC Nürnberg.
Auch viele Erzählungen, die zuerst anscheinend um schmerzhafte Themen wie die Liebe und Liebeskummer handeln, lösten sich beim Publikum schließlich mit witzigen Pointen in erlösendem Lachen auf. So war es beispielsweise im Stück "Kumm zurück, zurück zu mir" auch nicht die Geliebte, die der Mann ersehnte, "dich in der Hend hald‘n zu derf‘n, des Prickeln, wenne me an dich reib“ so vermisste, sondern seine geliebte American Express Karte.

Fränkisch für Anfänger Auch das Fränkische an sich genügte alleine, um das Publikum bei Laune zu halten. So übersetzte der musizierende aus Erlangen stammende Wullschläger für alle Nichtfranken hilfsbereit "etzadla" mit "nun". Sein lesender Kollege erklärte was man mit einer Ordensverleihung für Zugereiste in Franken erhält: Nämlich die Erlaubnis eimnal "den Brunskartler zu spieln".
Auch die Einheimischen nahmen es nicht so ernst, dass Bettnässer auch als Großenseebacher bezeichnet werden. Besonders viel Gefühl verlieh Wullschläger mit seinen Gitarrenmelodien der fränkischen Poesie und Prosa. Sein zum ersten mal öffentlich gespielter Song "Glühwürmchenliebe", der ganz ohne Text auskommt, war sicherlich der musikalische Höhepunkt und versetzte den Zuhörer in mindestens eine ebenbürtige Situation, welche Wullschläger für dieses Instrumentalstück inspirierte: Ein Wald in Erlangen Süd voll Milliarden von Glühwürmchen und eine Frau an seiner Seite. Ein in Musik transformiertes Gefühl, das wahrscheinlich einen Kulturpreis verdient hätte.

Clubgeschichten
Schwarzmalerei 34. Spieltag, Saisonende als 14.
"Heier hommers grod nu gschffd, obber des Bodenzial wär do."
"Freilich is do, des seche doch."
"Nächste Saison is alles möglich, sogor die Masterschaft."
"Ich wär scho zufrieden, wemmer Fünfter wäredn."
"Glaabsdes na, packes etz nu" Kannsd du außer Schwarzmaln A nu wos?"

Meisterschaftsfragen
"Du Vadder, maansd, der Club wird widder amol Masder?"
"Buu, du hasd Frogn, wer solls denn sunsd wern?"

Optimismus
3. Spieltag, 7 Punkte
"Du ich glaab, mir sin durch, do derferd der Abstieg heier ka Thema mehr sei."

Fränkisches Fazit
Etz geh fei
und schau
dassd nu a wen doblabsd.


Nürnberger Nachrichten 28.10.2006

Der Franke als solcher

Abend mit Robert Dennerlein und Wulli Wullschläger

GROSSENSEEBACH (ese) — "Etz do de hald ned o!" Mit dieser für alle Notlagen passenden, aber wenig hilfreichen fränkischen Ermutigung präsentierten Robert Dennerlein und Thomas "Wulli" Wullschläger beim Großenseebacher Herbst eine bunte Mischung aus Nachdenklichem und Lustigem über den Franken als solchen. Dennerlein, Mundartdichter aus Weisendorf, nimmt seine Geschichten aus dem Alltag, schaut den Leuten "aufs Maul" und macht sich seine Gedanken über das Leben, das doch nicht nur aus "Erberd" bestehen kann. Dabei deckt er allzu Menschliches und Skurriles auf, wie die Geschichte von Alfons, der nach der Umwandlung seiner Stammwirtschaft "Zum Schwona" in ein Nobellokal einem Kulturschock nahe ist. Viel Sympathie zeigt Dennerlein für die Menschen, denen er mit seinen Gedichten ein Denkmal setzt, seien es die im Leben Gescheiterten aus der Nürnberger Sandlerkneipe oder der alte Tankstellenbesitzer an der Rothenburger Straße, der sich an bessere Zeiten zurückerinnert. Als Hommage an Günter Brödl, der mit dem Ostbahn - Kuri eine Kultfigur geschaffen hat, erzählt er in "Nachts um elfa" von einer Frau, die sich nach ihrem "Manni" sehnt und beschreibt wie "der Alt'" nur für seine Arbeit lebt. Der eingefleischte Clubfan erinnert sich an bittere Zeiten, als man die Niederlagen des FCN schönreden musste: "Des Null zu Drei gegen die Bayern war reine Taktik." Wullschläger begleitet die Lesungen mit leisen Tönen auf der Gitarre und stellt eigene Lieder vor. So warnt er mit dem Lied "Kardangelenk und Auspufftopf, der Karrn frisst mir die Hoor vom Kopf“ davor, sein Auto leichtfertig von der Werkstatt für den TüV herrichten zu lassen. Auch andere Lieder seines Vorbilds Günter Stössel passt Wullschläger an, wenn er die Leute statt auf Nürnberg "af Erlang nei" schickt, beispielsweise die Oberschlauen über Weisendorf, die Preußen über den "Franken-schnell-weg“ und die Bettnässer über Großenseebach. Das Publikum in der voll besetzten Gemeindebücherei nahm die Seitenhiebe mit Humor und klatschte viel Beifall.